Beverungen/Höxter (TKu). Die Weser zeigt sich in diesem Sommer wieder von seiner flachen Seite. Der Pegelstand ist so niedrig wie vor Corona nicht mehr. Er liegt in Höxter aktuell bei knapp 70 Zentimeter. Was für die Freizeitkapitäne eine Herausforderung bedeutet, bringt gleichzeitig Vergessenes ans Licht: Zeitzeugen einer bewegten Geschichte. So auch auf einer Bootstour am Wochenende, die von Beverungen bis Höxter führte. Mit dabei: der 15-jährige Benedikt, der seine Leidenschaft für das Schätzesuchen entdeckte. Er förderte alte Metallteile zutage, die sonst tief im Flussbett verborgen liegen. Unter der historischen Eisenbahnbrücke bei Meinbrexen wurde Benedikt fündig: Teile einer früheren Brückenkonstruktion kamen zum Vorschein. Diese Brücke, Teil der Sollingbahn, war 1878 von den Preußischen Staatseisenbahnen eröffnet worden. Sie überspannt die Weser in einem markanten Winkel und verband Wehrden (NRW) mit Meinbrexen (Niedersachsen). Zum Ende des Zweiten Weltkriegs sprengte die Wehrmacht die imposante Fachwerkkonstruktion. Beim Wiederaufbau in den Nachkriegsjahren erhielt die Brücke nur noch ein Gleis.
Hier fischte der junge Entdecker das erste alte Eisenteil aus dem Wasser, das wohl ein Überbleibsel der Brücke ist, die von der Wehrmacht gesprengt wurde. Auch an der Kennedy-Brücke zwischen Godelheim und Fürstenberg zeigten sich die Folgen des Niedrigwassers. Mehrere alte Brückenteile, die normalerweise unter Wasser liegen, waren deutlich erkennbar. Mit dem Boot konnte man sogar nahe an die Pfeiler heranfahren und zu Fuß das Umfeld erkunden. Gefunden hat Benedikt auch eine sehr alte Bleikristall-Vase und einen Deckel einer Munitionskiste, die sehr wahrscheinlich noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammt. Einschusslöcher sind noch heute im Brückenbogen auf niedersächsischer Seite erkennbar.
Die Kennedy-Brücke, offiziell die Eisenbahnbrücke über die Weser bei Fürstenberg, entstand zwischen 1874 und 1876 und wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Unter Leitung des britischen Offiziers Captain James L. Kennedy erfolgte der Wiederaufbau. Sein Name ist bis heute mit dem Bauwerk verbunden. Während der niedersächsische Teil inzwischen unter Denkmalschutz steht, ist das auf nordrhein-westfälischer Seite nicht der Fall. Was für Spaziergänger, Freizeitangler und Hobby-Historiker eine spannende Entdeckungsreise ist, hat zugleich eine ernste Seite: Der ungewöhnlich niedrige Wasserstand zeigt, wie stark die Region von anhaltender Trockenheit betroffen ist. Für den 15-jährigen Benedikt aber bleibt die Tour ein unvergessliches Erlebnis: „Man weiß nie, was man aus dem Wasser holt und plötzlich hat man ein Stück Geschichte in der Hand“, sagt er lächelnd.
Fotos: Thomas Kube