Köln/Beverungen (TKu). Am 27. Juni wird das „Weser-Open-Air“ in Beverungen ein Highlight und das nicht nur für alle BAP-Fans, wenn die Kölschrock-Band unter der Leitung von Wolfgang Niedecken mit ihrer „Zeitreise“-Tour die große Bühne auf den Weserwiesen betritt. Bei diesem besonderen BAP-Konzert werden ausschließlich Lieder gespielt, die mindestens 40 Jahre alt sind, darunter Hits aus den legendären Doppelplatin-Alben von 1981/82, die BAP zu einer der größten Rock-Institutionen der deutschen Musikszene machten. Klassiker wie „Verdamp lang her“, „Kristallnaach“ und „Do kanns Zaubere“ gehören ebenso zum Programm wie Songs aus dem mittlerweile ebenfalls 40 Jahre alten Album „Zwesche Salzjebäck un Bier“. Die Tournee, die durch Deutschland, die Schweiz und die Beneluxländer führt, setzt sich in diesem Jahr auch mit Open-Air-Konzerten fort und verspricht, die Fans auf eine musikalische Zeitreise in die Anfangszeit der Band zu entführen. Unser Redakteur Thomas Kube hat mit Frontmann Wolfgang Niedecken exklusiv zu dem bevorstehenden Konzert Ende Juni telefonisch ein Interview geführt. Niedecken freue sich schon jetzt sehr auf Beverungen, insbesondere aber auf die Menschen bei dem Konzert, wie er verlautbaren ließ. „Es war ein sehr sehr angenehmes und authentisches Gespräch und wir waren schnell beim ´Du´“, wie Redakteur Thomas Kube das Gespräch beschreibt.
Thomas Kube: Woher stammt der Name „BAP“ eigentlich?
Wolfgang Niedecken: „Der Bandname BAP stammt von meinem Spitznamen. Ursprünglich nannte ich meinen Vater so – eine Aussprache von ‚Papa‘ aus dem Unkeler Platt, wo mein Vater herstammt. Weil das vom kölschen ‚Papp‘ abwich, wurde daraus ‚Bapp‘, und das wurde zu meinem Spitznamen. Ich habe oft von meinem sparsamen Vater erzählt – dann hieß es immer: ‚Komm, erzähl noch eine Geschichte vom Bapp.‘ Wir hatten damals gar nicht vor, mit der Band etwas Großes zu starten. Man musste uns regelrecht überreden, aufzutreten. Als wir schließlich auftraten, kam der Typ, der uns auf die Bühne gebracht hatte, nach fünf Minuten zurück und fragte: ‚Wie heißt ihr eigentlich?‘ Unser damaliger Gitarrist sagte auf Kölsch: ‚Schreib da BAPP drauf, aber lass das zweite P weg, das sieht sonst scheiße aus.‘ Plötzlich hatten wir einen Bandnamen – Zehn Minuten vorher waren wir noch namenlos.“
Thomas Kube: Stichwort „Weser-Open-Air in Beverungen“ – hast du Verbindungen in den Kreis Höxter, fernab von Köln?
Wolfgang Niedecken: „Mein Freund, der Maler Sebastian Krüger, lebt in einem Forsthaus im Kreis Höxter. Wenn ich an ihn denke, denke ich automatisch an die Region. Sebastian Krüger hat auch viele Plattencover gestaltet – für uns in den 80er- und 90er-Jahren. Bekannt wurde er vor allem durch seine Karikaturen prominenter Persönlichkeiten, insbesondere der Rolling Stones, mit denen er befreundet ist. Er ist heute ein international gefeierter Künstler.“
Thomas Kube: Gibt es besondere Erinnerungen an Konzerte in Ostwestfalen, im Kreis Höxter oder in Beverungen selbst?
Wolfgang Niedecken: „Die Stadthalle in Beverungen kennen wir gut, wir sind dort mehrfach aufgetreten. In einem Treppenaufgang hängt unser Plakat von der ‚Salzjebäck un Bier‘-Tour – da habe ich mich jedes Mal vor fotografieren lassen. Die Menschen in Beverungen waren immer ein tolles Publikum, wir haben großartige Erinnerungen an den Ort und die ehrenamtlich organisierende Kulturgemeinschaft. Bei den Helferinnen und Helfern merkt man: Das kommt alles von Herzen. Das sind Überzeugungstäter. Beverungen selbst ist wunderschön – die Häuser wirken wie Perlen an einer Kette. Ich sehe das Bild noch genau vor mir.“
Thomas Kube: Gibt es ein Konzert, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Wolfgang Niedecken: „Definitiv: der 28. August 1982 beim Rockpalast auf der Loreley. Wir hatten gerade unser viertes Album veröffentlicht und plötzlich liefen wir über die Eurovision europaweit im Fernsehen. Drei Jahre vorher waren wir noch eine Garagenband, die kaum 200 Leute zog – und plötzlich standen wir auf der Bühne mit unseren Helden, Eric Burden und Rory Gallagher und spielten gemeinsam eine Jam-Session. Das war ein echter Durchbruch.“
Thomas Kube: Hast du einen persönlichen Lieblingssong und wird der auch in Beverungen gespielt?
Wolfgang Niedecken: „‚Verdammt lang her‘ ist unser größter Hit geworden, aber mein persönlicher Lieblingssong ist das nicht. Die Menschen verbinden mit dem Song meist ihre eigenen Erinnerungen. Ich selbst verbinde mit diesem Lied ein imaginäres Gespräch mit meinem Vater, das wir jedoch nie geführt haben. Das Lied besteht aus Bruchstücken vieler irgendwann geführten Gesprächen. Ich habe die Gelegenheit versäumt, mit ihm wirklich entscheident zu reden. Ich habe dieses Lied noch nie unandächtig gesungen. Irgendwann steht mein Vater regelmäßig in seinem grauen Kittel neben mir und sagt, dass er sich keine Sorgen mehr um mich machen muss. Er hat sich ja immer nur um mich gesorgt, weil er nicht wusste, was aus mir werden wird. Und das Gefühl kenne ich ja nun auch, ich habe inzwischen vier Kinder und drei Enkel und ich kann meinen Vater nach all den Jahren sehr gut verstehen. Anfangen werden wir das Konzert in Beverungen mit dem Lied ´Diss Naach ess alles drinn´ vom Album ‚Salzjebäck un Bier‘ mit einem schönem Trompetenintro. Beim zweiten Vers geht es da bereits ab wie nur was und da freue ich mich jetzt schon drauf. Ganz besonders freue ich mich aber auf das Stück ‚Jojo‘, das wir zuletzt vor genau 40 Jahren bei der Trauerfeier von Heinrich Böll im Kölner Gürzenich gespielt haben. Es ist eine Ballade, die man nicht auf jedem Konzert spielen kann, aber diesmal passt es. Jetzt nach 40 Jahren ist die Gelegenheit da und wir spielen es endlich wieder auf unserer ZEITREISE-Tour.
Thomas Kube: Was motiviert Dich nach all den Jahren immer noch, auf Tour zu gehen?
Wolfgang Niedecken nur ganz kurz: „Dafür lebt man als Musiker doch! Es ist das Sahnehäubchen, wenn man sieht, wie das Publikum abgeht – das macht süchtig!“
Thomas Kube: Dein Publikum ist mit dir gewachsen – aber auch viele Jüngere entdecken zunehmend BAP. Wie erlebst Du diesen Generationenwechsel?
Wolfgang Niedecken: „Ich finde das großartig! Viele junge Leute entdecken gerade die Vielfalt der Musik von damals. Heute klingt im Radio vieles gleich. Und wenn sie dann zu unseren Konzerten kommen, sagen sie: ‚Das ist die Mucke, die wir meinen!‘ Ganz gleich, wie alt sie sind. KI-Musik kann technisch beeindruckend sein – aber sie ist nicht authentisch. Und das ist es, worauf es ankommt.“
Thomas Kube: Deine Texte waren immer politisch und gesellschaftlich engagiert. Hat Musik heute noch dieselbe Wirkung wie in den 1980ern?
Wolfgang Niedecken: „Unsere Haltung hat sich nie geändert – aber die Medienlandschaft schon. Das Radio hat an Bedeutung verloren, alles ist formatisiert. Mir geht es um meine Haltung und um die Musik. Ich singe Rock’n’Roll – auf Kölsch, weil das meine Sprache ist. Ich bin kein kölscher Heimatliedersänger – ich bin ein Rockmusiker. Und ich glaube, die Botschaften unserer Lieder kommen auch heute noch an.“
Thomas Kube: 27 erfolgreiche Alben, 22 davon in den Top Ten, 13 auf Platz eins – worauf dürfen sich die Menschen in Beverungen freuen?
Wolfgang Niedecken: „Auf Songs aus den ersten acht Jahren: ‚Kristallnaach‘, Anna, Jraaduss ‚Waschsalon‘, ‚Wellenreiter‘, ‚Müsliman‘, ‚Alexandra‘, ‚Du kanns Zaubere‘, ‚Ne schöne Jroos‘ und viele mehr. Die ersten fünf Studio-Alben waren: BAP rockt andere kölsche Leeder (1979), Affjetaut (1980), Für usszeschnigge! (1981), Vun drinne noh drusse (1982) ‚zwesche Salzjebäck un Bier‘(1984) . Ich erzähle dazu auch Geschichten – aber nicht zu viele, denn das Programm soll auf Zug bleiben. Nach 49 Jahren wissen wir, wie das geht – nächstes Jahr feiern wir 50-jähriges Jubiläum.“
Thomas Kube: Was wünschst du dir vom Publikum in Beverungen? Gibt es eine Botschaft, die du mitgeben möchtest?
Wolfgang Niedecken: „Das Größte, was wir den Menschen geben können, ist ein gutes Gefühl. Viele sind durch die politischen Umstände innerlich verhärtet. Wir alle müssen empathiefähig bleiben. Musik ist die Sprache der Engel – sie verbindet. Nach unseren Konzerten sagen viele: ‚Ich fühle mich 40 Jahre jünger‘ – weil sie ihre angestauten Emotionen loslassen konnten. Das macht glücklich – und dafür lohnt es sich!“
Thomas Kube: BAP-Songs werden mit Größen wie Dylan, den Kinks und den Stones verglichen – ist BAP auch international ein Begriff?
Wolfgang Niedecken: „In der Schweiz haben wir für ‚Da Capo‘ eine goldene Schallplatte bekommen, in Holland war ‚Kristallnaach‘ ein Top-Ten-Hit. Wir haben 1987 in China gespielt, und kurz vor dem Mauerfall in Moskau und Wolgograd. Die weit entfernten Konzerte waren nicht unter kommerziellen Gesichtspunkten – aber sie hatten Wirkung. Unser Kerngeschäft liegt dennoch im deutschsprachigen Raum.“
An welchem Lied jedoch die Tournee in der DDR scheiterte – weil sich Funktionäre der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik daran störten – das erfahren Sie beim Konzert von BAP am 27. Juni 2025 beim großen Weser-Open-Air auf den Weserwiesen. Der Song aus dem Jahr 1984 wird dort ebenfalls gespielt, freut sich Wolfgang Niedecken. Weitere Informationen und Karten gibt es unter: www.kulturgemeinschaft-beverungen.de.
Foto/Archivfoto aus Beverungen: Thomas Kube